Der Winter 1942/43 markierte einen der düstersten Abschnitte für die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Besonders eindrücklich ist das Schicksal der Soldaten der 6. Armee, die in der sowjetischen Stadt Stalingrad eingekesselt wurden – ein Sinnbild für das Scheitern des deutschen Feldzugs im Osten und das menschliche Leid im Krieg.
Als die Temperaturen weit unter den Gefrierpunkt sanken und Nachschubwege abgeschnitten wurden, begann für über 250.000 deutsche und verbündete Soldaten ein Überlebenskampf, den viele nicht überleben sollten. Eingekesselt in den Ruinen der zerstörten Stadt, litten die Männer unter Kälte, Hunger, Krankheit und Verzweiflung. Ihre Versorgung aus der Luft war völlig unzureichend. Medikamente, Lebensmittel und Munition wurden knapp – oft mussten sich Verwundete und Kranke selbst versorgen, da es an Pflege und ärztlicher Hilfe mangelte.
Der Begriff „Ohne Hoffnung“ beschreibt treffend die psychische Verfassung vieler Soldaten. Was anfangs als entscheidender Sieg geplant war, verwandelte sich in ein tödliches Fiasko. Der Glaube an die Unbesiegbarkeit der Wehrmacht wich langsam der bitteren Erkenntnis, dass niemand mehr zur Rettung kommen würde. Die Frontlinie wurde zur Falle, und jeder neue Tag brachte mehr Tod und Elend.
Im Januar 1943 brach die Front endgültig zusammen. Die Rote Armee hatte die deutschen Stellungen durchbrochen. Generalfeldmarschall Friedrich Paulus, der Kommandeur der 6. Armee, kapitulierte am 31. Januar im Südteil der Stadt. Zwei Tage später ergab sich auch der Nordteil. Es war das erste Mal, dass ein deutscher Generalfeldmarschall in Gefangenschaft ging – ein historischer Bruch mit dem Selbstverständnis des nationalsozialistischen Offizierskorps.
Doch für die einfachen Soldaten begann damit ein weiteres Martyrium. Über 90.000 Männer gerieten in sowjetische Gefangenschaft. Viele waren bereits krank, verwundet oder völlig entkräftet. Ihre Kleidung war unzureichend für die eisigen Temperaturen, viele trugen nur zerlumpte Uniformen, hatten keine Handschuhe, keine warme Unterwäsche. Der Marsch in die Gefangenschaft – meist zu Fuß über weite Strecken bei -30°C – forderte tausende weitere Leben.
Die sowjetischen Lager waren überfüllt und schlecht ausgestattet. Krankheiten wie Typhus, Ruhr und Lungenentzündung breiteten sich rasch aus. Die Sterberate unter den Kriegsgefangenen war erschreckend hoch: Von den rund 90.000 Männern, die in Stalingrad in Gefangenschaft gingen, kehrten bis Anfang der 1950er-Jahre nur etwa 6.000 nach Deutschland zurück.
Der Winter 1942/43 wurde somit für zehntausende deutscher Soldaten zum Endpunkt ihres Lebens – fernab der Heimat, fernab ihrer Familien, in einem Land, das sie einst im Namen eines unmenschlichen Krieges erobern sollten.
Doch es war nicht nur ein militärisches Desaster, sondern auch ein Wendepunkt der Wahrnehmung. Stalingrad wurde zum Symbol. Für viele Deutsche, ob an der Front oder in der Heimat, war der Fall der Stadt ein Weckruf – ein erstes, kaum zu überhörendes Zeichen, dass dieser Krieg nicht zu gewinnen war.
In der deutschen Nachkriegserinnerung blieb Stalingrad ein Trauma. In den Briefen, Tagebüchern und Berichten der Überlebenden klingen Verzweiflung und Ohnmacht immer wieder durch. „Wir sind verloren“, schrieb ein Soldat wenige Tage vor der Kapitulation. Ein anderer notierte: „Wenn ich je heimkehre, wird nichts mehr so sein wie früher.“ Für die meisten wurde diese Heimkehr niemals Wirklichkeit.
Heute erinnern Denkmäler, Gedenkstätten und Bücher an das Schicksal dieser Männer. Ihre Geschichten mahnen uns, was Krieg bedeutet – nicht in strategischen Zielen oder politischen Reden, sondern in Hunger, Kälte und dem stummen Marsch von Menschen, die alles verloren haben.