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Der letzte Akt der Macht: Der Abriss der Neuen Reichskanzlei in Ost-Berlin (1947–1949).H

Zwischen 1947 und 1949 verschwand ein Bauwerk aus dem Berliner Stadtbild, das einst als Inbegriff politischer Macht, Monumentalität und nationalsozialistischer Selbstinszenierung gegolten hatte: die Neue Reichskanzlei in der Voßstraße. Nur wenige Jahre zuvor war sie auf Befehl Adolf Hitlers unter der Leitung von Albert Speer in Rekordzeit errichtet worden – ein Prestigebau, entworfen, um Größe zu demonstrieren und den Anspruch auf Ewigkeit zu untermauern. Doch es kam anders. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches 1945 wurde das Gebäude beschädigt, geplündert, und schließlich von sowjetischen Besatzungstruppen dem Erdboden gleichgemacht.

Die Aufnahme aus dieser Zeit zeigt eine merkwürdig stille, fast gespenstische Szene. Der Blick richtet sich entlang der Voßstraße zur Wilhelmstraße, im Hintergrund erkennt man das ehemalige Propagandaministerium, den französischen Sektor und ganz in der Ferne die Kuppel des Berliner Doms. Doch im Vordergrund liegt nichts als Schutt, verbogene Stahlträger, zerborstene Marmorplatten – Überreste eines Systems, das sich selbst in den Ruin geführt hat.

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Die Sprengung und der Abriss der Neuen Reichskanzlei durch die sowjetische Militäradministration war mehr als nur eine bauliche Maßnahme. Es war ein symbolischer Akt. Der Ort, an dem einst Krieg beschlossen, Völkermord geplant und Macht zelebriert wurde, sollte ausgelöscht werden – physisch wie ideologisch. Kein Stein sollte mehr auf dem anderen bleiben. Und doch: Manche dieser Steine fanden ihren Weg in eine neue Welt.

Immer wieder tauchen Gerüchte auf, dass das edle Gestein – insbesondere der sogenannte „rote Marmor“ (der tatsächlich ein rötlicher Kalkstein war) – aus der Reichskanzlei in neue sowjetische Bauwerke eingebaut wurde. Besonders oft genannt wird das monumentale Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park, das nach dem Krieg zur Erinnerung an die gefallenen Rotarmisten errichtet wurde. Auch von der Nutzung des Materials für die Reparatur der kriegsbeschädigten U-Bahnstation Mohrenstraße ist die Rede. Petrographische Analysen konnten diese Behauptungen bislang nicht eindeutig bestätigen – doch der Mythos bleibt bestehen.

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Ein weiterer Teil der Erzählung berichtet von einem Heizkörper aus einem der Repräsentationsräume Hitlers, der in einem protestantischen Krankenhaus in Berlin wiederverwendet worden sei – eine makabre Fußnote der Geschichte, wie das Ende einer Erzählung, die sich selbst ad absurdum geführt hat.

Besonders faszinierend ist der Umgang mit den „wertvollen Resten“ der Macht. In einer Zeit großer Materialknappheit war Wiederverwertung eine pragmatische Notwendigkeit. Marmor, Kupfer, Eisen – alles wurde aus den Trümmern geborgen und einer neuen Funktion zugeführt. Aus den Symbolen der Gewalt wurden Elemente des Wiederaufbaus. Das Monumentale wurde profan. Der Ort des Schreckens wurde zur Baustoffquelle für das neue sozialistische Berlin – eine bittere Ironie der Geschichte.

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Doch mit der Substanz verschwand auch die Aura. Wo einst Ehrensalut, Marschmusik und Diktatorenschritte hallten, fuhren bald Schuttkarren, schaufelten Arbeiter mit sowjetischen Mützen die Fundamente frei, und Kinder spielten zwischen Trümmersteinen. Was übrig blieb, war nicht mehr als eine Erinnerung – brüchig, staubig, umstritten.

Heute steht an diesem Ort nichts mehr, was an die Neue Reichskanzlei erinnert. Die Voßstraße ist eine gewöhnliche Straße, umgeben von Neubauten der Nachkriegszeit. Nur wenige Touristen wissen, was hier einst stand. Historische Informationstafeln sind rar. Die Geschichte hat sich weitergedreht, doch unter der Oberfläche – tief im Boden, in den Fundamentschichten, im Berliner Sand – ruhen noch immer Fragmente eines untergegangenen Regimes.

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